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MBA oder Master
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MBA oder Master

Prof. Dr. Martin Göbl, früherer Luftwaffenoffizier und heute stellvertretender Leiter der Professional School Kempten - dem Kompetenzzentrum für Weiterbildung an der Hochschule Kempten -, erklärt mir im Interview die wichtigsten Unterschiede zwischen MBA- und Masterstudiengängen.


DZE: Herr Professor Dr. Göbl stellen Sie sich bitte kurz vor!

GÖBL: Meine berufliche Karriere begann bei der Bundeswehr als Zeitsoldat für 12 Jahre. Während meiner Dienstzeit war ich in unterschiedlichen Tätigkeiten und Leitungsfunktionen im Bereich Logistik eingesetzt. In dieser Zeit promovierte ich auch als externer Doktorrand. Nach verschiedenen Tätigkeiten bei Beratungsfirmen wechselte ich als Senior Manager zu einem international tätigen Unternehmen und betreute verschiedene Projekte zur Verbesserung der Supply Chain. Darauf aufbauend war ich verantwortlich für die Logistik außerhalb Europas. Da ich sowohl für die Bundeswehr als auch für die freie Wirtschaft gearbeitet habe, kenne ich die Anforderungen und Unterschiede beider Branchen genau. Um Offizieren, die die Bundeswehr nach dem Dienstzeitende verlassen, den Einstieg in die freie Wirtschaft zu erleichtern und ihnen bei ihrer Karriereplanung behilflich zu sein, bieten wir seit 2009 einen speziellen MBA für Offiziere an der Professional School Kempten an.


DZE: Sie sprachen gerade von MBA. Was ist denn charakteristisch für einen MBA?

GÖBL: Beim Master of Business Administration - kurz MBA - handelt es sich in der Regel um einen englischsprachigen Weiterbildungsmaster der berufsbegleitend stattfindet. Neben einem Erststudium werden hier auch mehrere Jahre Berufserfahrung vorausgesetzt. Ursprünglich wurden MBAs für Nichtbetriebswirtschaftler konzipiert. Zunehmend nutzen aber BWLer den MBA, um ihr Wissen in einem bestimmten Bereich zu vertiefen, sich mit „Gleichgesinnten" auszutauschen, Netzwerke zu knüpfen, die MBA-Inhalte in der Praxis anzuwenden und um ihr englisches Vokabular anzuwenden. Beim MBA steht zudem die persönliche Entwicklung im Vordergrund. Themen wie Leadership können direkt im eigenen Team angewendet werden. Die Wissensvermittlung ist deutlich effektiver als bei einem klassischen Master, da der Praxisbezug immer vorhanden ist. Aufgrund der höheren Lernintensität muss man allerdings eine gute Balance zwischen Privatleben, Beruf und Studium finden. Zusätzlich handelt es sich um ein kostenpflichtiges Studium.


DZE: Sie erwähnten den klassischen Master. Können Sie uns kurz den Unterschied zum MBA erläutern?

GÖBL: Bei einem klassischen Master handelt es sich um ein Aufbaustudium direkt nach dem Bachelorabschluss. Es ist in der Regel konsekutiv und wird in Vollzeit angeboten. Es besteht bei klassischen Mastern die Möglichkeit, die bisherige Studienrichtung zu vertiefen oder aber auch in einen komplett neuen Bereich einzutauchen. Die fachliche Wissensvermittlung steht hier im Vordergrund. Vorteil ist, dass die Masterstudenten noch relativ jung sind und ihnen das Lernen leicht fällt. Das Masterstudium ist größtenteils kostenlos.


DZE: Auf den Punkt gebracht: Was sind die wichtigsten Unterschiede zwischen MBA- und Masterstudiengängen?

GÖBL: Zum einen unterscheiden sich die Zielgruppen. Beim MBA handelt es sich um Young Professionals, die mehrere Jahre Berufserfahrung besitzen. Ziel des Studiums ist für sie, die Inhalte des Studiums direkt in der Berufspraxis anzuwenden. Das Lernen dient der eigenen Entwicklung und ist nicht primär auf gute Noten ausgerichtet. Aufgrund ihrer Erfahrungen können sich MBA-Studenten fachlich direkt austauschen und wichtige Netzwerke bilden. Hingegen lernt ein Masterstudent gegebenenfalls auch Inhalte, die er so gar nicht anwenden kann, weil er nach seinem Studium in einem anderen Gebiet arbeitet oder er den Nutzen des gelernten Wissens nicht einordnen kann.


DZE: Welche Tipps würden Sie geben, wenn ein Offizier vor der Entscheidung steht, einen Master oder einen MBA zu absolvieren?

GÖBL: Das lässt sich nicht so einfach beantworten. Denn es ist natürlich stark von den persönlichen Zielen abhängig. Strebt jemand eine fachliche Karriere beispielsweise im Bereich Steuern, Finanzen oder Entwicklung an, dann ist hier sicherlich ein Master sinnvoll. Viele Offiziere visieren nach ihrer Dienstzeit in der Bundeswehr aber eher Führungsaufgaben in der freien Wirtschaft an. Aus diesem Grund wäre für sie aus meiner Sicht ein MBA sinnvoller als ein Master. Denn sie verknüpfen die MBA-Inhalte direkt mit den Praxiserfahrungen ihrer Kommilitonen aus der freien Wirtschaft. Sie tauschen sich mit gleichaltrigen Nachwuchsführungskräften aus und haben die Möglichkeit, sich zu vergleichen. Daneben sammeln sie im MBA praktische Erfahrungen und lernen ebenfalls in einem globalen Umfeld zu arbeiten, da MBAs standardmäßig in Englisch angeboten werden. Was mir aber am meisten am Herzen liegt und was viele Offiziere unterschätzen ist, dass sie im MBA die Möglichkeit bekommen sich über ihre weitere berufliche Zukunft Gedanken zu machen. Dazu gehört der Austausch mit zivilen und internationalen Studenten, der Erfahrungsaustausch außerhalb der Bundeswehr sowie die Möglichkeit Projekte in verschiedenen Firmen zu bearbeiten. Darüber hinaus sammeln sie Praxiserfahrung und haben die Chance einen Auslandsaufenthalt auch außerhalb von Afghanistan oder anderer Krisengebiete zu absolvieren.


DZE: Warum begrenzen die Anzahl an Studienplätzen für Offiziere in Ihrem MBA-Studium?

GÖBL: Wie schon erwähnt steht bei uns an der Hochschule Kempten das Netzwerken und der Erfahrungsaustausch im Vordergrund. Hier haben Offiziere einen kleinen Nachteil, da sie natürlich wenig Praxiserfahrung aus der Wirtschaft einbringen können. Somit achten wir auf ein Gleichgewicht zwischen unseren Studenten. Gerade für Offiziere ist es während des Studiums wichtig mit ihren Kommilitonen gemeinsam an Projekten zu arbeiten, um Einblicke in die Wirtschaft zu erhalten und gleichzeitig ihre persönlichen Stärken sowie gegebenenfalls Schwächen für ihre berufliche Neuorientierung nach der Dienstzeit einordnen zu können. Ein MBA mit ausschließlich Offizieren würde diese Vorteile nicht bieten. Des Weiteren wären aber auch die Austauschmöglichkeiten für die zivilen Studenten, die größtenteils zusammen mit den Offizieren studieren, gering. Deshalb ist uns die Balance in unserem MBA so wichtig.


DZE: Würden Sie dann sagen, dass jeder Offizier einen MBA machen sollte?

GÖBL: Nicht unbedingt. Aber wie gesagt: Für diejenigen, die sich für ihren neuen Lebensabschnitt in der freien Wirtschaft gut vorbereiten wollen, ist ein MBA von Vorteil. Meine Erfahrung zeigt, dass viele Zeitsoldaten denken, sie seien perfekt auf ihre Karriere nach der Bundeswehr vorbereitet und benötigen keine Weiterbildung. Wir haben auch die Erfahrung gemacht, dass sich einige nicht trauen sich für unseren MBA zu bewerben, da der Aufwand zu hoch erscheint oder alles in Englisch durchgeführt wird. Aber gerade die Themen im MBA sind für die freie Wirtschaft besonders wichtig, wie uns die Personalleiter kooperierender Firmen bestätigen. Abschließend möchte ich sagen, dass jeder Offizier - ob mit oder ohne MBA - einen Job finden wird. Ich bin jedoch fest überzeugt, dass sie nach einem MBA besser einschätzen können, was ihre beruflichen Ziele sind und was sie glücklich macht. Das wird sich langfristig in einer erfolgreicheren Karriere niederschlagen. Und ich bin mir absolut sicher, dass die meisten Offiziere ihre Laufbahn in der Bundeswehr mittlerweile anders planen würden, wenn sie bei ihrem Bundeswehreintritt bereits die Informationen von heute oder mehr Informationen über Karrieremöglichkeiten aus der Praxis gehabt hätten. Schließlich sind sie heutzutage besser informiert welche verschiedenen Möglichkeiten es gibt.


DZE: Noch ganz kurz aus Neugierde: Was bewegte Sie zu diesem Interview?

GÖBL: Ich glaube, dass viele den Unterschied zwischen Master und MBA nicht kennen oder nicht genau wissen, worauf sie bei der passenden Studienwahl überhaupt achten müssen. Dass MBA-Akkreditierungen und insbesondere eine internationale Akkreditierung die Inhalte und Qualität der MBA-Studiengänge genau prüfen, wissen angehende Studenten oft ebenfalls nicht. Die Anforderungen und Standards, die erfüllt werden müssen, sind daher bei internationalen Akkreditierungen sehr hoch. Nur wenige deutsche MBA-Programme sind deshalb international akkreditiert. In Bayern hat nur der Kemptener MBA eine internationale Akkreditierung. Des Weiteren bezeichnen sich einige Studiengänge als MBA, obwohl sie inhaltlich eher ein Master sind. Bei diesen Studienangeboten wird sich nicht an die erforderlichen EQUAL-Standards gehalten, die ein richtiger MBA eigentlich einhalten muss.

DZE: Vielen Dank für das ausführliche Interview.

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